Gebürtiger Norddeutscher, Studium Germanistik und Sozialwissenschaften an der WWU Münster, arbeitet(e) als Konzeptioner und Texter für kleinere und größere Kunden in verschiedenen Branchen wie Maschinenbau, Automobildindustrie, Dienstleistungen, für Landes- und Bundesministerien, Verlage und so weiter.

Frage: Warum fängt ein – wie´s aussieht – nicht mehr taufrischer Texter und Konzeptioner auf seine alten Tage an, ein Buch/Bücher zu schreiben?
Antwort 1: Langeweile.
Antwort 2: Endlich einmal etwas schreiben, was nicht vernünftig bezahlt wird.
Antwort 3: Weil es die Kollegen auch machen.
Antwort 4: Weil es Spaß macht? Seit wann macht Arbeit Spaß?

 

Interview mit Heiner Wacker, Stadtgeflüster, Juli 2014

Dennis verschlägt es mit Heiner Wacker ins dystopische Münster
. Mit entsetzlicher Zerstörungskraft vernichtet eine Selbstmordattentäterin das Rathaus auf dem Prinzipalmarkt und umliegende Gebäude. Eine Horror-Vision und doch nur die Geschehnisse auf den ersten paar Seiten von Heiner Wackers neuen Roman „Die Sprengmeister und der unheilige Gral“. Sie kennen Heiner Wacker noch nicht? Der Name ist auch ein Pseudonym – doch wer steckt dahinter? Ich versuche es herauszufinden, in einem …

 

DIALOG MIT EINEM DECKNAMEN

Dies ist mein erstes Interview mit einem Pseudonym …

Kann ich darauf stolz sein?

Auf jeden Fall! Wieso veröffentlichst du nicht unter deinem eigentlichen Namen?

Ich arbeite seit dreißig Jahren als Kommunikationsdesigner für alle möglichen Firmen und Institutionen – darunter auch Banken. Das Zeug, das ich so schreibe, läuft immer Gefahr als meine ureigene Meinung durchzugehen und könnte daher zu Konflikten mit meinen Auftraggebern führen. 

Dein Debütroman „Level II“  ist 2011 erschienen. Hast du zuvor noch nicht geschrieben oder nur nicht veröffentlicht?

Ich habe zwar Germanistik studiert und im Rahmen meines Berufs natürlich einiges verfasst, das fiktionale Schreiben habe ich aber in der Tat erst vor einigen Jahren begonnen.

Du nennst das Buch einen „Ego-Thriller“. Von dem Genre habe ich noch nie gehört.

Kein Wunder, ich hab’s erfunden. Das ist eine Mischung aus Ego-Shooter und Thriller.

Worum geht es darin?

Die Ausgangsituation ist folgende: Der Protagonist hockt im Parkhaus des Münsteraner Klinikums um dem Mörder seiner Familie aufzulauern. Bevor er jedoch seine Rache vollziehen kann, erscheint eine Gruppe Soziopathen auf der Bildfläche und kassiert ihn ein. Diese – und nun auch der Protagonist – befinden sich in einem tödlichen, aber lukrativen Spiel …

Hört sich super an! Was sofort auffällt: auf dem Buchdeckel prangt ein FSK18-Symbol und die Warnung: „Contains extreme violence and gore, strong sexual content, HUMOR and drug use!“ Warum so reißerisch?

Als Kommunikationsdesigner muss ich natürlich schauen, dass das Buch sich von anderen abhebt. Ich mag dieses Photoshop-Gemache mit blutverkrusteten Hintergründen und verwischter Schrift auf vielen Büchern ähnlicher Thematik nicht. Außerdem dachte ich mir, dass ein Hinweis, dass das Buch nicht jungendfrei ist, sicher nicht schaden kann. (Lacht)

Mit Erfolg?

Ich bin nicht unbedingt immer für den Inhalt gelobt worden, aber für das Cover schon. (Lacht)

Mich wundert, dass ein Verlag den Debütroman eines unbekannten Autors, der dazu noch unter Pseudonym schreibt, als Hardcover veröffentlicht hat. Gab es keine Bedenken seitens des Verlags?

Unter normalen Umständen wäre es wohl unmöglich gewesen, dass Buch in dieser Form auf den Markt zu bringen. Nun kenne ich den Waxmann Verlag schon längere Zeit und die Veröffentlichung meiner Bücher ist somit eher als Teil einer schon länger andauernden Zusammenarbeit zu sehen.

Auf deiner Homepage wurdest du gefragt, warum du unter die Autorenschaft gegangen bist. Als Antworten nennst du unter anderem „Langeweile“ und „Weil es die Kollegen auch machen“ …

Diese Antworten sind natürlich etwas flapsig formuliert. Tatsache ist, dass meine berufliche Arbeit natürlich weniger auf persönliche Vorlieben oder Statements ausgerichtet ist. Wenn ich also für einen großen Konzern Broschüren mache, muss ich deren Produkte in einem positiven Licht erscheinen lassen. Persönliche Meinungen sind da nicht gefragt. Ich verspürte aber immer mehr den Drang etwas zu schreiben, was „dichter an mir dran“ ist. 

Ist die Härte in deinen Romanen „näher an dir dran“?

Nicht was explizite Gewaltdarstellungen angeht. Ich persönliche lehne Gewalt absolut ab, aber man ist natürlich geprägt von Film, Fernsehen oder Büchern. Ich sehe mich vielmehr in einem politischen Kontext und finde, dass viel von dem, was an Belletristik auf dem Markt ist, um einige gesellschaftliche Fragen herum schleicht. 

Ein Beispiel?

Es ist doch zum Beispiel völlig egal, was der Mörder für eine politische Gesinnung hat – der kann CDU, SPD, Grüne, Linke oder AfD wählen und wird schließlich von unpolitischen Beamten gefasst, die einfach ihren Job machen. Bestenfalls wird ein wenig soziales Milieu beleuchtet, aber dass der Autor etwas mehr Stellung bezieht, findet man selten. Sicherlich gibt es das, aber es ist nicht der Mainstream. 

Dies war für dich also der Grund um mit dem Schreiben anzufangen? 

Genau.

Dein neuer Roman, der ebenfalls in Münster spielt, „Die Sprengmeister und der unheilige Gral“ ist eine absolute Dystopie, mit denen in der Literatur häufig auf gegenwärtige Missstände hingewiesen werden. Übst du auch gesellschaftliche Kritik?

Bei mir ist es eher eine milde Dystopie – da gibt es deutlich schlimmere Sachen. 

Immerhin wird direkt zu Beginn der Prinzipalmarkt durch eine Seniorin in die Luft gejagt …

Kleiner Scherz am Rande. Immerhin gibt es in meiner zukünftigen Welt im Gegensatz zu anderen Entwürfen z.B. keinen Kannibalismus oder ähnlich unerfreuliche Auswüchse einer aus den Fugen geratenen Gesellschaft. Es gibt sogar ein bisschen Hoffnung. (Lacht) 

Das Buch beginnt 2040: nachdem die sozialen Systeme vollends zusammengebrochen sind, klafft eine gewaltige Schere zwischen arm und reich. 

Richtig. Trotzdem: Obwohl die Bevölkerung praktisch in zwei Teile gespalten ist, geht es immer noch friedlich zu, es gibt keine Konflikte oder gewaltsame Auseinandersetzungen. Jeder findet seinen Weg um zufrieden zu leben. 

Dass der Grundstein dafür in der Gegenwart gelegt werden sollte, zeigst du, indem du gegenwärtige Probleme verarbeitest – das Münster der Zukunft hat zum Beispiel eine Musikhalle.

(Lacht) Ja, da geht es ein bisschen in den Lokalkolorit. Damit drücke ich aber eher aus, dass ich Münsteraner bin und auch Anteil an diesen Entwicklungen nehme. Es handelt sich dabei weniger um fundamentale Kritik – es sind mehr kleine Spitzen. 

Eine Kritik an staatlichen Institutionen ist dir also weniger wichtig?

Genau. Es ist eher ein Entwurf zu einer Situation, in der Personen in  bestimmten Bereichen zunehmend Verantwortung abgegeben haben. Das eine oder andere Thema greife ich dabei in humoriger Form auf. 

In der Handlung sind aber immer wieder kleine Exkurse eingeflochten, die teils barsche Aussagen zu gegenwärtigen Entwicklungen nehmen – sei es gesellschaftlich oder wirtschaftlich.

Richtig, aber das soll nicht bierernst sein und ich hoffe, dass das auch so verstanden wird. Es sind eher launige Kommentare zum Stand einiger gesellschaftlicher Dauerbaustellen. Ich möchte nicht als Moralapostel rüberkommen. 

Der Held der Geschichte  – Carsten Kluncker – ist über siebzig Jahre alt. Warum so alt?

Es gibt schon genug schöne, reiche und kluge Protagonisten in Büchern. Meine Hauptfigur hat einen beschränkten Einflussgrad und Horizont – er verfügt weder körperlich noch geistig über besondere Fähigkeiten. Das ist doch charmant!

Willst du damit eine höhere Identifikation für den Leser schaffen?

Die einzige Möglichkeit sich mit Carsten zu identifizieren, ist über seine kleinen schrulligen und freundlichen Eigenschaften: bisschen erhöhter Alkoholkonsum, buddeln im Garten, die Auseinandersetzungen mit seinem Kater …

„Helmut Kohl“! Wieso hast du einen fetten, charakterlich auffälligen Kater namens „Helmut Kohl“ in deinem Buch?

(Lacht) Er ist die heimliche Hauptfigur!

Wie kommst du auf so etwas Absurdes? 

Wenn ich eine Geschichte das erste Mal skizziere, fange ich bei einem Handlungsstrang oder einer Figur an. Nun habe ich selbst eine Katze und mir kam die Idee eines dicken Katers mit zweifelhaften moralischen Eigenschaften – da fiel mir Helmut Kohl ein. Ich konnte einfach nicht anders … 

Wie lange schreibst du an einem Buch – immerhin sind es knapp 400 Seiten?

Ich schreibe relativ schnell – ich schreibe aber nicht immer. Wenn mich mein Beruf einnimmt, kann es sein, dass ich mehrere Monate gar nicht schreibe, dafür im Urlaub zehn Seiten vor dem Frühstück. Wenn ich alles zusammenrechne – ohne Pausen – habe ich vielleicht vier Monate an „Sprengmeister“ gearbeitet; mit Pausen gut ein Jahr.

Wieviel Zeit nimmt die Recherche ein? Im aktuellen Buch geht es um Genforschung und es fallen Begriff wie „biokybernetische Mainframes“ oder „Bio-Enforcement-Moleküle“.

(Lacht) Das sind teilweise eigene Wortschöpfungen, aber ich greife auch gerne auf Wikipedia-Artikel zurück. Jedem Gen-Techniker werden bei meiner Story aber sicherlich die Haare zu Berge stehen. Aber es ist ja auch ein bisschen Klamauk-Roman.

Gibt es schon ein neues Projekt?

Sozusagen. Alles Nächstes kommt eine Sammlung mit skurilen Kurzgeschichten. Wer mag: Einige davon gibt’s schon als E-Book bei Amazon.

Hast du noch eine Empfehlung für diejenigen, die anfangen möchten ein Buch zu schreiben?

Als neugebackener Autor in spe sollte man nicht in erster Linie den persönlichen oder finanziellen Erfolg im Auge haben. Vielmehr sollte der Spaß im Vordergrund stehen, wenn sich dann noch ein Erfolg einstellen sollte, umso besser!

Das Interview führte Dennis Kunert

Der Link zum Originalinterview:
http://www.stadtgefluester-muenster.de/interview/heiner-wacker/

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