Dramaturgie

Über den Handlungsverlauf spannt sich ein gegenläufiger Spannungsbogen.

Richtung 1: Protagonist. Anfangs unklar, moralisch, starres Wertegerüst (Auge um Auge, Zahn um Zahn), verzweifelt, labil. Zweifel an Sinn, Gerechtigkeit, Zukunft. Durch den Kontakt mit der Gruppe und die Aufgaben des Spiels erfolgt eine weitere Werteerosion. Der aktionsgeladene Nihilismus der Gruppe beginnt Reiz auszuüben. Über die Aufgaben findet eine Auseinandersetzung über Moral und Werte aber auch ihr Verlust statt. Der mitverschuldete Tod an einem Gruppenmitglied, der Sexualkontakt mit der Anna (und anderen) und die damit verbundene mögliche Schwangerschaft führen beim Protagonisten aber nicht zu einer Wiedervermenschlichung, sondern bewirken das Gegenteil. Am Ende kann er die Anna und die Gruppe zurücklassen. Ohne weiteren moralischen Impetus bricht er auf, die ursprüngliche, selbst gesetzte Aufgabe zu erfüllen, allerdings nicht als Rachee ngel, sondern als Person, die kühlen Kopfes ein Projekt beendet, bevor sie ein neues beginnt.

Richtung 2: Anna, tough, nihilistisch, unmoralisch, sexuell aufgeklärt, mit einer zweifelhaften Vergangenheit. Im Gegensatz zum Protagonisten führen die gemeinsamen Abenteuer aber nicht zur Vers tärkung der oben beschrieb enen Eigenschaften, sondern verkehren sich ins Gegenteil. Handlungen und Gespräche, die die Einstellung des Protagonisten in die eine Richtung bewegen, bewegen die von Anna in die andere.

Der Protagonist überträgt seine moralischen Kategorien quasi per Nähe auf Anna, die bedingt durch die neue Nähe zum Protagonisten und die mögliche Schwangerschaft wieder bzw. das erste Mal in ihrem Leben einen Sinn sieht. Auch eine Befreiung könnte diesen Prozess nicht mehr umkehren, weil der Protagonist letztlich nicht mehr der Mensch ist, für den sie diese Metamorphose durchgeführt hat. Sie bleibt als Opfer mit der moralischen Last des Protagonisten zurück, dieser hat sich von der Last befreit. Die Frage, ob sich Moral und Wertesystem lohnen, wird dadurch allerdings nicht beantwortet. Auch bleibt die Frage offen, ob man sich tatsächlich selbst entscheiden kann.